Augenwischerei statt Revolution - Doping im Fuball: 11FREUNDE

Informationen zu Doping im Fuball gibt es reichlich. Wer die richtigen Leute fragt, bekommt klare Antworten. Stefan Matschiner, ehemaliger Sportmanager aus sterreich, hat bis vor wenigen Jahren selbst Fuballer versorgt mit Testosteron und Epo. Raffaele Guariniello, italienischer Staatsanwalt, hat den Doping-Skandal von Juventus untersucht und 40.000 Seiten Akten angehuft ber Doping in Turin. Wer

Infor­ma­tionen zu Doping im Fuß­ball gibt es reich­lich. Wer die rich­tigen Leute fragt, bekommt klare Ant­worten. Stefan Mats­chiner, ehe­ma­liger Sport­ma­nager aus Öster­reich, hat bis vor wenigen Jahren selbst Fuß­baller ver­sorgt – mit Tes­to­steron und Epo. Raf­faele Gua­ri­ni­ello, ita­lie­ni­scher Staats­an­walt, hat den Doping-Skandal von Juventus unter­sucht und 40.000 Seiten Akten ange­häuft über Doping in Turin. Wer ehe­ma­lige Spieler aus den 70er und 80er Jahren anruft, gerät relativ schnell an Ath­leten, die über Auf­putsch­mittel berichten. In der DDR sind auch im Fuß­ball die übli­chen Ste­roide ein­ge­setzt worden. Trotzdem hat der deut­sche Fuß­ball das Pro­blem nie Ernst genommen. Gehan­delt haben DFB-Funk­tio­näre stets nur auf öffent­li­chen Druck.

Wer sich mit der Doping­ge­schichte in Deutsch­land beschäf­tigt, wird sehen, dass der DFB immer einer der letzten Ver­bände war, der in die Füße kam, was die Doping­be­kämp­fung anging“, sagt Erik Eggers. Und dann auch noch unter größtem Druck.“ Eggers ist Jour­na­list und His­to­riker und hat an der aktuell viel dis­ku­tierten Studie zum Doping im West­deutsch­land mit­ge­wirkt. Lange Jahre, sagt Eggers, habe sich der DFB den Doping­kon­trollen ver­wei­gert. Bewe­gung kam erst in die Sache, als Toni Schu­ma­cher sein Buch ›Anpfiff‹ ver­öf­fent­licht und für einen Rie­sen­skandal gesorgt hat. Dar­aufhin hat man irgend­wann, unter großen Druck, doch Doping­kon­trollen ein­ge­führt”, sagt Eggers.

Fuß­ball als Vor­reiter im Anti-Doping-Kampf?

Der Fuß­ball selbst stellt sich als Vor­reiter im Anti-Doping-Kampf dar. Welt­weit nehme seine Sportart die mit Abstand meisten Kon­trollen, betont FIFA-Chef­me­di­ziner Jiri Dvorak in Gesprä­chen gern. Was er dabei unter­schlägt: Es ist auch die Sportart mit den meisten pro­fes­sio­nellen Ath­leten.

Für deut­sche Fuß­baller lässt sich die Häu­fig­keit der Kon­trollen relativ leicht umrechnen. 1644 mal ist der Urin deut­scher Fuß­baller im Jahr 2012 laut Jah­res­be­richt der Natio­nalen Anti-Doping Agentur NADA nach einem Spiel getestet worden. Eine große Zahl. Das Pro­blem: Die Zahl der zu tes­tenden Sportler ist noch viel größer. Der DFB – der die Wett­kampf­kon­trollen nicht von der NADA, son­dern von eigenen Ärzten durch­führen lässt – testet in ins­ge­samt 13 Spiel­klassen: in der ersten, zweiten, dritten Bun­des­liga, in allen drei Regio­nal­ligen, in der Frauen-Bun­des­liga, in sechs Junioren-Bun­des­ligen (je drei bei A- und B‑Jugend) und im DFB-Pokal. Das sind geschätzte 5000 Spieler. Jeder Athlet muss im Schnitt nur alle drei Jahre sein Urin abgeben. Wobei beim DFB gilt: Je stärker die Liga, desto häu­figer Kon­trollen.

Zusätz­lich nimmt die NADA 500 Trai­nings­kon­trollen pro Jahr. Bis zuletzt ist auch hier nur Urin getestet worden. Lange hatte sich der DFB gegen Blut­kon­trollen gewehrt, obwohl manche Sub­stanzen nur im Blut nach­zu­weisen sind. Erst seit dieser Saison darf die NADA auch Blut von Fuß­bal­lern unter­su­chen. Aller­dings wird es wohl maximal 100 Blut­kon­trollen für die Profis der ersten beiden Ligen geben, fast 1000 Spieler. Der Groß­teil der Blut­kon­trollen dürfte bei Natio­nal­spie­lern genommen werden. Alle anderen Spieler haben somit kaum etwas zu befürchten, zumal sie ohnehin nur wäh­rend der offi­zi­ellen Trai­nings­zeiten getestet werden. Über­ra­schende Besuche zu Hause gibt es im Fuß­ball nur für Natio­nal­spieler. Schuld an der extrem dürf­tigen Kon­troll­dichte ist der Deut­sche Fuß­ball-Bund: Er wei­gert sich, mehr Geld für Kon­trollen bereit zu stellen. Das ist erstaun­lich, kosten den DFB die bis­he­rigen Kon­trollen geschätzt doch nur etwa 350.000 Euro – bei einem Rekord­um­satz von mehr als zwei Mil­li­arden Euro sind das weniger als 0,02 Pro­zent der Ein­nahmen.

Auch der Fuß­ball-Welt­ver­band FIFA hat eine Offen­sive im Anti-Doping-Kampf ver­kündet. Seit der Klub-Welt­meis­ter­schaft 2011 in Japan spei­chert die FIFA ihre Doping­proben für acht Jahre. Bis dahin wurden sämt­liche Proben bereits drei Monate nach einem Tur­nier ver­nichtet. Alte Proben konnten so nicht mit neuen Nach­weis­me­thoden über­prüft werden. Aus den jetzt gela­gerten Blut- und Urin­werten ergeben sich die Para­meter, aus denen das neue bio­lo­gi­sche Profil zusam­men­ge­setzt wird. Die Theorie: In Zukunft sollen stark schwan­kende Werte auf ein mög­li­ches Doping­ver­gehen hin­deuten. Eine neue indi­rekte Beweis­me­thode, von der FIFA als Revo­lu­tion im Anti-Doping Kampf zele­briert. Doch die Revo­lu­tion ist bis­lang nicht mehr als Augen­wi­scherei. Die FIFA testet ihre Sportler fast aus­schließ­lich bei großen Tur­nieren, nicht wäh­rend der Sai­sons, nicht über­ra­schend. Nur wenn alle Ver­bände inklu­sive der UEFA, dem DFB und der NADA sys­te­ma­tisch zusam­men­ar­beiten würden, könnte nach jah­re­langer Auf­bau­ar­beit eine rele­vante Daten­bank ent­stehen. Andere Sport­arten – zum Bei­spiel die Rad­profis – sind da schon deut­lich weiter.

Becken­bauer: Mit Doping haben wir nichts zu tun“

In den ver­gan­genen zwei Jahr­zehnten sind in Deutsch­land 20 Spieler des Dopings über­führt worden. Es ist erstaun­lich, dass über­haupt Spieler auf­fällig wurden. Das Kon­troll­system, erst 1988 ein­ge­führt, war lange Jahre weitaus mise­ra­bler, als es heute immer noch ist. So ist nicht ver­wun­der­lich, dass viele Spieler mit scheinbar harm­losen Sub­stanzen erwischt wurden: mit Mari­huana, Bestand­teilen von Schnup­fen­mit­teln (kann auch aus Auf­putsch­mit­teln stammen) oder Haar­wuchs­pro­dukten (kann zur Ver­schleie­rung von Doping dienen).

Die Dis­kus­sionen um die Doping­studie werden ver­mut­lich bald ver­ebben und der Fuß­ball kann es sich erneut in seiner mit Doping haben wir nichts zu tun“-Haltung bequem machen. Das zeigen die aktu­ellen Inter­views von Leuten wie Franz Becken­bauer oder Joa­chim Löw. Becken­bauer will bei der WM 1966 nichts von Doping gewusst haben. Dabei musste er damals selbst zur Doping­kon­trolle. Und Jogi Löw for­dert mit Bezug auf die aktu­elle Studie, das Namen genannt werden müssen. Ansonsten könne er nur sagen, dass es in den ver­gan­genen Jahren reich­lich Kon­trollen gegeben habe. Es ist bezeich­nend, wie unbe­ein­druckt die Akteure das Pro­blem weg­mo­de­rieren. Offenbar kann nur ein wirk­lich großer Doping­skandal dazu führen, dass DFB und DFL das Thema tat­säch­lich angehen.

Unser Autoren recher­chieren regel­mäßig zum Thema Doping im Fuß­ball. Alle Recher­chen und ein Kon­takt zu den Autoren finden sich auf fuss​ball​do​ping​.de

ncG1vNJzZmhpYZu%2FpsHNnZxnnJVkrrPAyKScpWeRqrSmutaiqpyglaeyqnnSrZitrF2nsre7y66roqeeZIF2gJdsZw%3D%3D

 Share!